Zu faul fürs BGM?
Warum Mitarbeiter häufig nicht bei der Gesundheitsförderung mitmachen und was Betriebe tun können.
BGM – Trendthema für alle Betriebsgrößen
Betriebliche(s) Gesundheitsförderung /-management (BGF/BGM) war früher nur etwas für Großbetriebe und Konzerne. Heute haben zunehmend auch mittlere und kleine Betriebe gesundheitsfördernde Angebote für ihre Mitarbeiter parat. Dafür gibt es gute Gründe: Die Anforderungen an Angestellte steigen, gleichzeitig steigt deren Durchschnittsalter und auch Krankenstände zeigen einen wachsenden Trend. Inzwischen unterstützt der Staat mit dem Präventionsgesetz jeden Arbeitgeber beim BGM mit Steuervorteilen von bis zu 500 Euro pro Mitarbeiter und Jahr.
„Tue Gutes und rede darüber“: Viele Betriebe sehen darüber hinaus den Image-Effekt als wichtig an. Denn Gesundheitsangebote bieten für zukunftsorientierte Unternehmen eine zusätzliche Möglichkeit, sich im Wettbewerb um gute Arbeitskräfte zu differenzieren und als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.
Warum läuft BGM in vielen Betrieben nicht so wie erhofft?
Trotz all dieser positiven Aspekte: Freiwillige Angebote zur Gesundheitsförderung werden häufig nur von wenige Mitarbeitern tatsächlich genutzt – je nach Quelle sind es überwiegend 20-35%, selten über 50%. Oder man startet voller Motivation mit Aktionstagen, aber schon nach kurzer Zeit ebbt das Interesse ab und die eigentlich gute Idee gerät in Vergessenheit.
Natürlich ist niemand gerne krank; und den meisten ist auch klar, dass man selbst etwas dafür tun kann, länger gesund zu bleiben. Aber Menschen lieben auch ihre Komfortzone – das ist im betrieblichen Umfeld nicht anders als privat.
Einige Mitarbeiter haben Bedenken, im betrieblichen Umfeld offen über gesundheitliche Dinge oder sogar Krankheit zu sprechen. Das Verhältnis zum Vorgesetzten, aber auch die Frage inwieweit im Betrieb eine gesundheitsförderliche Unternehmenskultur vorhanden ist, spielen hier eine Rolle.
Beides gehört zusammen: Befragungsergebnisse zeigen, dass in Unternehmen, in denen Mitarbeiter das Thema Führung weniger gut bewerten, Beschäftigte auch weniger Interesse an betrieblichen Gesundheitsangeboten haben.
Der innere Schweinehund: Auch Mitarbeiter sind nur Menschen
Die Mindestempfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO lautet: 2,5h pro Woche körperliche Betätigung sollte man realisieren. Das beugt nachweisbar Fehlfunktionen, Beschwerden sowie Krankheiten vor und verlangsamt die Degeneration. Jeder weiß: Ein gesunder Lebensstil, der sich unter anderem durch regelmäßigen Sport, viel Bewegung und eine ausgewogene Ernährung auszeichnet, trägt zu einer guten Gesundheit bei. Regelmäßiger Sport schützt nicht nur vor Krankheiten, sondern verlängert erwiesenermaßen das Leben, erhöht die Lebensqualität und steigert das Wohlbefinden.
Die Realität ist allerdings: Weniger als die Hälfte unserer Bevölkerung hält diese Mindestempfehlungen der WHO ein. Und nur jeder neunte Deutsche lebt „rundum“ gesund (Ernährung, Suchtmittelkonsum, Bewegung, Stress). Als Folge ist der Anteil Übergewichtiger auf einem zunehmend hohen Niveau und „Zivilisationskrankheiten“ wie Bluthochdruck und Diabetes mellitus nehmen leider stetig zu.
Fast 2/3 aller Deutschen geben an, dass sie eigentlich gerne mehr Sport treiben würden. Zeitmangel, Erschöpfung und fehlende Eigenmotivation (der „innere Schweinehund“) werden meist als Gründe für sportliche Inaktivität angegeben.
BGM-Zielgruppe: Der Couch Potatoe ist wichtiger als der Fitness-Freak
Früher war „mangelnde Bewegung“ seltener ein Problem: Man ging viel mehr zu Fuß, der Anteil körperlicher Arbeit war ungleich höher und Computer gab es nur in Rechenzentren. Durch den Wandel der Arbeitswelt (Automatisierung, Digitalisierung) hat sich das grundlegend geändert. Heute spricht man nicht nur im betrieblichen Kontext vom „Exercise Deficiency Syndrom“. Dies beschreibt vor allem die Auswirkungen von zu langem Sitzen. Schon Jugendliche verbringen ihre Freizeit hauptsächlich vor dem PC. Die vielstündige Inaktivität wird schon früh „eingeübt“ und damit ebenso früh die Gesundheit gefährdet.
Eine der größten Herausforderungen des BGM ist es daher, gerade Mitarbeiter dieser Risikogruppen aktiv in die Maßnahmen einzubinden. Denn es ist ja schön, wenn ein schon aktiver, fitter Kollege mit 3 Sportkursen pro Woche nun mit Hilfe des BGM einen weiteren bucht. Aber um positive Effekte zu erzielen geht vor allem darum, beim „Couch Potatoe“ eine gesundheitliche Eigenverantwortung zu entwickeln und ihn in Bewegung zu bringen. Nicht zuletzt sind gesunde, halbwegs sportliche Menschen psychisch stabiler und belastbarer. Die sogenannte Resilienz steigt, man kann mit alltäglichem Stress – sei er privat oder berufliche bedingt – besser umgehen.
Was kann man als Arbeitgeber tun, um Mitarbeiter zu aktiveren?
Die Grundlagen für einen gesunden Alltag werden in jungen Jahren gelegt: Die meisten Personen, die das erste Mal sportlich aktiv werden, sind zwischen 20 und 25 Jahre alt, die wenigsten haben als Kind bereits Sport getrieben. Im betrieblichen Gesundheitsmanagement haben Personalverantwortliche und Führungskräfte erst später im Leben des Mitarbeiters eine Möglichkeit, Einfluss auf das Gesundheitsbewusstsein zu nehmen. Umso mehr kommt es bei Gestaltung der betrieblichen Gesundheitsförderung darauf, für die Mitarbeiter die Schwelle zum Mitmachen besonders niedrig zu halten. 3 Tipps helfen dabei.
Tipp 1: Den Schweinehund überlisten – Flexibilität gegen Ausreden
Man wird es nie schaffen, dass alle Mitarbeiter freiwillige Angebote wahrnehmen. Aber es hilft schon sehr, die Umsetzung für alle Kollegen alltagstauglich zu organisieren: Ob Außendienst, Pendler Teilzeit oder Schichtbetrieb: Je flexibler die Ausgestaltung ist, umso weniger „Ausreden“ findet man für sich selbst, nichts zu tun.
Tipp 2: Individuelle jobgerechte Auswahl anbieten
Gesundheit ist individuell – also sollten es die BGM-Angebote auch sein. Der 30jährigen Sachbearbeitern, die 8 Stunden am PC sitzt, tut für Ihre Nackenverspannungen eventuell eine medizinische Massage des oberen Rückens besonders gut. Der übergewichtige Außendienstkollege, der viel Zeit im Auto verbringt, benötigt eine Ernährungsberatung oder ein Bewegungsprogramm.
Auch Yoga, Stressbewältigung oder Funktionelles Training sind sinnvolle Angebote – aber nicht alles spricht alle im gleichen Maße an. Studien zeigen: Die aktive Einbeziehung der Mitarbeiter und individuelle Auswahlmöglichkeiten erhöhen Akzeptanz und Teilnahmeraten beim BGM.
Tipp 3: Gesundheitsorientiert führen und kommunizieren
Gesundheit und Motivation hängen eng miteinander zusammen. Es ist z.B. erwiesen, dass Mitarbeiter die sich gesund fühlen, Ihre gesamte Arbeit (Chef, Gehalt, Aufstiegsmöglichkeiten, …) signifikant positiver bewerten als der Durchschnitt. Dies geht ebenfalls mit erhöhten Loyalitätsindices einher, die die emotionale Bindung an den Arbeitgeber erfassen. Zufriedenheit und Loyalität der Mitarbeiter werden gleichzeitig immer häufiger zu Zielvereinbarungskriterien für Leitungskräfte.
Die Führungskräfte haben eine Schlüsselfunktion im BGM; sie müssen frühestmöglich über das Thema informiert und aktiv eingebunden werden. Gelingt dies und werden die Mitarbeiter ebenfalls gut über die Ziele und Inhalte des BGM informiert, lassen auch sie sich besser für die Teilnahme motivieren.
Dabei sind zunehmend die vielfältigen und veränderten Kommunikationsanforderungen der unterschiedlichen Generationen im Unternehmen relevant. So gewinnen digitale Lösungen wie spezielle BGM-Portale zunehmend an Bedeutung. Ebenso werden regelmäßige Aktivierungen und Erinnerungen zum Beispiel über das Intranet, einen Firmenblog oder soziale Medien wichtiger.
Zusammenfassung / Fazit:
Der Mensch ist und bleibt ist ein Gewohnheitstier. Vor allem deshalb bleibt das Umsetzen gesunder Vorsätze oft auf der Strecke. Gleichzeitig sind Notwendigkeit und Vorteile von gesundheitsbewusstem Verhalten so deutlich, dass es sich lohnt, den inneren Schweinhund konsequent und immer wieder zu überwinden.
Betriebe können mit niedrigschwelligen, praxisgerechten BGM-Angeboten helfen, Ihre Mitarbeiter fit und motiviert zu halten sowie die eigene Attraktivität als Arbeitgeber angesichts des Fachkräftemangels zu steigern.
Alltagsgerechte Organisation, eine vielseitige individuelle Auswahlmöglichkeit sowie gesundheitsorientierte Führung und Kommunikation sind wichtige Voraussetzungen, damit freiwillige BGM-Angebote auch von vielen Mitarbeitern genutzt werden.
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